Melanie Nunner
  7 Blue Nil
 



Das Restaurant ist erwartungsgemäß gut besucht. Wir folgen Benjam und schreiten über den dunklen ungeschliffenen Dielenboden. Auf dick gepolsterten, runden Sitzkissen nehmen wir Platz am niedrigen, landestypischen Holztisch, umgeben von afrikanischen Kunstobjekten, Masken und Gemälden. Windlichter und tropische Blümchen zieren Fenstersimse und Tischchen. Benjam bringt uns eine Schale Zitronenwasser, denn man isst hier selbstverständlich traditionell. Das bedeutet die Nahrungsaufnahme erfolgt ohne Besteck, also mit bloßen Händen.

Wir teilen uns den kleinen Vorspeisenteller mit Auberginmus, Linsenpaste, Falafel und bekommen als Aperitif köstlichen, äthiopischen Honigmet serviert. Zum Hauptgang gehört ofenwarmes Injerra-Fladenbrot aus duftendem Sauerteig in einem und schmeckt allein schon köstlich. Dazu gibt es vorzüglich gewürzte Fleisch- und Gemüsespeisen auf einem riesigen, drehbaren Messingteller von dem man gemeinsam schlemmt, was eine ungemein kommunikative Art des Essens darstellt. Ich rupfe ein Stück vom Fladen ab und greife damit das scharfe Rindfleisch samt Gemüse und Laura bemerkt mit vollem Mund: „Der Wahnsinn ist, wenn die Finger dann noch Stunden später so endslecker nach den exotischen Gewürzen duften.“ Stopf – schmatz: „Ja, da kannste schrubben, wie du willst!“

Nach dem feinen Essen lehne ich mich gesättigt zurück, tätschle mir zufrieden den vollen Bauch und frage: „Wie wär´s? - Bestellen wir noch einen Wein?“, worauf mich Laura mit folgender unzumutbarer Gegenfrage überrumpelt: „Hilfst du mir beim Erstellen meines Online-Profils?“ - Online! Sie sagt schon wieder das „böse“ Wort: Online! - Und meint: ONLINE!

Ich glaube ich höre nicht recht. Meine Augen schnellen Richtung Decke und ich raunze: „Jetzt ging´s mir grad sooo gut!“ (Hätte ich noch den Fladen im Mund wäre er mir spätestens jetzt in der Luftröhre zum Verhängnis geworden.)

„Ach“, knufft mich Laura in die Seite, „jetzt spiel doch nicht gleich wieder die Genervte - sei einfach mal Freundin, ja?!“

DAS hat gesessen! Mein schlechtes Gewissen ist aktiviert, denn ich weiß, das Laura mich bisher bei jedem Blödsinn (und solchen gab es häufig!) stets unterstützt hat oder zumindest hinter mir Stand. Und das ohne Murren. So antworte ich kleinlaut: „Hast ja recht, mach was du willst.“

Mit dem flehenden Augenaufschlag eines jungen Dalmatiner bezirzt sie mich:„Heißt das, du hilfst mir???“

Und während ich mich angesichts meiner Machtlosigkeit im Ekel meines Schicksals winde, entfleucht mir: „In Herrgottsnamen – ja!“

Sichtbare Dankbarkeit fällt mir daraufhin, in Form einer zur Umarmung ansetzenden Laura, um den Hals: „Wir wollten doch morgen eh zusammen brunchen geh´n. Was hälst du davon, wenn ich uns stattdessen ein deftiges Weißwurscht-Frühstück mit allem Pipapo organisiere und wir nebenbei mal online die Sachlage abchecken?“

Hilflos interessiert mich bloß noch: „Hast du süßen Senf?“, und meine in Wahrheit Alkohol. VIEL Alkohol!

Sie nickt und ich frage: „Genügend?“ (Damit ich diesen elenden Freundschaftsdienst ertrage!)

Breit grinsend erhebt sie ihr neues Weinglas: „Alles – sogar das Original!“

Notgedrungen erhebe auch ich mein Glas und frage trocken: „Schneiderweiße?!“

Worauf das Honigkuchenpferd zurückstrahlt: „Du musst nur noch gute Laune mitbringen, okidoki?“ - Wir stoßen an und ich gebe mich geschlagen.


 

 
 
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